Am Wilden Kaiser ist wieder der "GEIST" der Säumer eingekehrt. Bei den heutigen gut ausgebauten Straßen ist es kaum vorstellbar, daß nur einige Jahrhunderte zurück die Säumer mit ihren Tragtieren die Haupttransporteure über die schwer zu überwindenden Alpenpässe waren. Mit folgendem Aufsatz möchte ich Ihnen die Zeit der Säumer ein wenig näher bringen. Viel Spaß beim Lesen.

 

Die Säumer

Die ersten Spediteure der Alpen

 

Aufgrund von Felszeichungen – Carschenna beim Splügenpaß - nimmt man den Beginn des Saumwesens mit Ende der Bronzezeit (ca. 1500 -1000 v. Chr.) an. Während der Eisenzeit trieben die Kelten schon mit den Griechen einen rechten Handel über die Alpen. Vor allem um ihr Reich gegen feindliche Stämme abzusichern, bauten die Römer ein hervorragendes Straßensystem aus (Drusus und Tiberius eroberten um 15 v. Chr. den Alpenraum). Über Pässe wie den Reschen, Julier- und Malojapaß fuhren sie sogar mit Karren darüber. Sehr oft wurden Ochsen dafür hergenommen.

 

Mit dem Einfall der Hunnen um 375 begann die Zeit der Völkerwanderung. Der Handel kam praktisch zum Erliegen. Im 5. und 6. Jhd. besiedelten die Bajuwaren unser Land. Klöster und Landesfürsten besaßen Grund und Boden. Die Zeit der Naturalwirtschaften. Die Bauern waren Leibeigene, sie mußten ihren Zehent abliefern. Z. B. besaß das Kloster Tegernsee auch Weingüter im heutigen Südtirol. So mußten die Bauern mit ihren Pferden den Wein herauftransportieren. Um unterwegs auch eine sichere Unterkunft zu haben, gab es zu dieser Zeit bereits Spitäler. Hiebei handelte es sich um Bauernhöfe, die statt eine Abgabe zu leisten, Reisende versorgen mußten.

 

Im Mittelalter tauchen mehr und mehr Urkunden über Säumerordnungen auf. Es wird immer wieder vermerkt – wie von alters her. Die Säumer schlossen sich zu sogenannten Porten (Säumergenossenschaften) zusammen.. Der Landesfürst gewährte ihnen Geleitschutz, die Fürleit. Zudem mußte Weg-, Brückenzoll,... bezahlt werden. Brücken waren hiefür begehrte Einnahmequellen. Vor allem durch die Kreuzzüge (1096 – 1291) lernte man neue und fremde Produkte kennen. Der Handel nimmt stetig zu. Die Hospize, in den Tauern, die Tauernhäuser am Fuße der Pässe, übernehmen eine Sicherheitsfunktion.

 

Das Säumerwesen war durchaus kaufmännisch aufgebaut. Auch Großunternehmer waren darunter. Saumfahrten mit 20 und 30 Rossen waren keine Seltenheit. Die Säumer hatten auch ihre eigene Rechtsordnung. Wiederholt berufen sie sich vor Gericht auf Säumwerksgebrauch. Eine Pferdelast hieß ein Saum (ca. 150 kg). Ursprünglich begleitete der Besitzer mit seinen Knechten seine Ware hoch zu Roß. Gegen Ende des Mittelalters etablierte sich mehr und mehr der Stracksäumer. Er durfte gegen ein zusätzliches Aufgeld die Ware direkt liefern. Gesäumt wurde nicht nur auf Pferden, nein auch Menschen – die Kraxenträger – trugen vor allem den Branntwein über die Berge. Mit der Ware ging der Fuhrbrief – die „Pollitte“.

 

Die Waren verpackte man in Fässern, Kisten, Ballen, Körben oder Beuteln, auch Pulgen genannt. Während der Nacht lagerte man die Fracht in sogenannten Kästen. Befördert wurden Waren aller Art, sehr oft Wein, Salz und Getreide als Rückfracht. Das Getreide kam mit Schiffszügen aus Bayern. Im übrigen kommen immer wieder zum Vorschein: Felle, Glaswaren aus Venedig, Stoffe, Samt und Seide aus Flandern und Bergamo, Südfrüchte, ganz besonders Lorbeer, auch Öl, Krämerwaren für die Kaufleute, welche die deutschen und österreichischen Märkte besuchten, dann Rupfen, Zwirn und Garn, Seife und Branntwein, Hanf und andere Kaufmannswaren. Wie weit die Handelsbeziehungen damals reichten, zeigt ein Protokoll, wonach jüdische Kaufleute aus Mähren, Polen und Litauen durch Paznauner Säumer aus Italien Waren heraus liefern ließen.

 

Die Saumzüge pflegten sich, vor allem bei schlechten Wetter, zur gemeinsamen Weiterreise zusammenzuschließen. Hier mag ein bloßes Solidartitätsgefühl zu sehen sein und ein Interesse an den gegenseitigen Neuigkeiten, vielleicht aber auch eine alte Gewohnheit, an jene Zeiten erinnernd, in denen es ratsam war, gemeinsam zu reisen. Der Säumer hatte mit vielerlei Schwierigkeiten zu kämpfen. Wege und Stege waren meist in einem schlechten Zustand, allerlei Zufälle bedrohten seine Fahrt. So zog ein Säumer aus dem Engadin durch das Oberinntal herunter. Bei Imst brach eine Brücke unter ihm ein. Ein Pferd ertrank, die Ware, eine Kiste Seide, wurde durchnäßt. Als er in Hall die Ware dem Faktor übergeben wollte, verweigerte dieser die Übernahme und klagte auf Schadenersatz. Der Säumer erklärte, keine Schuld zu haben. Er wagte ohnehin Leben und Pferd, die Herren müßten eben ihre Güter wagen. Er erleide wegen seines Pferdes selber einen Schaden von 50 Kronen.

 

Im 15. und 16. Jhd. war die Blütezeit der Säumer. Als der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648) , u. a. die Pest, Deutschlands Wohlstand vernichtete, sank auch der Stern der Säumer. Mit dem Aufkommen der Post und der Verbesserung der Straßen im 17. Jhd. kam mehr und mehr das Fuhrwerkswesen auf, das den Säumern auch an Fassungskraft überlegen war. Heute ist das gewerbliche Säumerwesen verschwunden, wenn man davon absieht, daß noch vereinzelt die eine oder andere Berghütte beliefert wird.

 

Franz Köck

 

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