Das Urlaubsglück im Sattel

Landwirt Franz Köck machte sein Steckenpferd zum Ferienprogramm

 

Wenn die 65-jährige Tiroler Bäuerin Maria Köck Anekdoten erzählt, lacht und jodelt, dann fühlen sich die Gäste in ihrer Bauernstube pudelwohl. Sie sind nicht nur reine Urlauber, sondern gehören praktisch zur Familie. Die heimelige Atmosphäre ist genau das, warum Urlaub auf dem Bauernhof zur Zeit immer beliebter wird. Und dann ist da noch die Nähe zur Natur: Die Milch kommt noch warm aus dem Kuhstall, die Produzentinnen der Frühstückseier scharren im Hof und die Schafe blöken lautstark von den Wiesen herüber.

 

Um Natur pur genießen zu können, müssen Feriengäste inzwischen freilich nicht mehr auf Komfort verzichten, karge Zimmer gehören der Vergangenheit an. Rund 420 Tiroler Bauern schlossen sich dem Verband „Urlaub auf dem Bauernhof in Tirol“ an, um ihren Gästen Qualität zu garantieren. Nach strengen Kriterien verteilt der Verband bis zu vier Margeriten, die, mit den Hotel-Sternen vergleichbar, den Standard des jeweiligen Hofs symbolisieren.

 

Auch der Achlhof von Familie Köck trägt zwei Margeriten. Nicht zu letzt wegen ihres Engagements für aufregende Reiterferien auf ihrem Hof. Da auch beim Urlaub auf dem Bauernhof Spezialisten gefragt sind, konzentriert sich Marias 38-jähriger Sohn Franz seit zehn Jahren ganz auf Pferde. Elf Haflinger stehen bei den Köcks im Stall. Selbstverständlich leben auch zwei Kühe, Ziegen, Enten, Schweine und Hasen auf dem Hof, doch die Pferde sind die Hauptattraktion.

 

Schon am frühen Morgen sprengen die Gäste über den Reitplatz und tagsüber reiten die Pferdefreunde mit Franz stundenlang über die blühenden Wiesen und durch schattige Wälder. Als Schmankerl für seine Gäste ließ sich das Tiroler Urgestein etwas ganz Besonderes einfallen: Mit der Pferdekutsche geht es stilvoll zum Picknick in freier Natur, im Mondschein durch die stillen Wälder der Umgebung oder sogar auf eine dreitägige Reise rund um das Kaisergebirge.

 

Mittlerweile hat Franz Köck eine weitere, sehr bequeme Art des Wanderns für sich und seine Gäste entdeckt: „Wandertouren auf den Spuren der Säumer – sie waren einst die Spediteure der Alpen.“ Die Säumer versorgten mit ihren Packpferden jene, zu denen keine Straßen oder Flüsse führten. Sie nutzten ihre Ortskenntnisse und beförderten Wein, Salz, Getreide, Glaswaren aus Venedig und Samt und Seide aus Flandern. Über schmale Pfade, steile Pässe und enge Schluchten transportierten die Säumer bis zu 150 Kilo auf ihren Pferden über die Berge.

 

Wenn Franz Köck mit seinem Saumpferd „Schecki“ aufbricht, dann trägt der Vierbeiner meist das Gepäck der Gäste, damit sie die Wanderung unbeschwert genießen können. Der Weg führt in das Reich des Wilden Kaisers hinein. Unterwegs machen die Wanderer einen Abstecher zu einer Schnapsbrennerei, stärken sich zwischendurch mit einem Picknick und übernachten abends in einer urigen Hütte. „Ich bin immer wieder überrascht, wie gut ein Pferd im Gelände zurecht kommt“, sagt Franz. Für viele ist die Säumer-Wanderung ein unvergeßliches Erlebnis. Wie in alten Zeiten suchen sich Mensch und Pferd zusammen ihren Weg durch die Natur.

 

Melanie Hurst

24/25. Juni 2000  Münchner Merkur

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